INTERVIEW

AGIT: Neue Befundvorlagen veröffentlicht

Zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 22. Juni 2022
Schon lange arbeitet die AG Informationstechnologie der Deutschen Röntgengesellschaft zum Thema strukturierte Befundung. Die AG IT hat bereits zahlreiche Befundvorlagen veröffentlicht, ihre klinische Bedeutung wächst. So fand die Befundvorlage zum Pankreas-Karzinom in die kürzlich überarbeitete, entsprechende S3-Leitlinie Eingang. Seit Kurzem stehen nun zwei neue Befundvorlagen zur Verfügung, sie befassen sich mit den Themen Computertomographie zur Steinsuche und konventionelles Röntgen vor Hüftendoprothetik. Wir haben mit dem Vorsitzenden der AG, PD. Dr. Daniel Pinto dos Santos, Oberarzt an den Instituten für Diagnostische und Interventionelle Radiologie an der Uniklinik Köln und am Universitätsklinikum Frankfurt am Main, über die neuen Vorlagen gesprochen und ihn auch gefragt, wie wichtig es ist, dass Software-Hersteller die Befundvorlagen in ihre technischen Lösungen integrieren.

PD Dr. Daniel Pinto dos Santos © DRGHerr Dr. Pinto dos Santos, was ist strukturierte Befundung und warum ist sie wichtig?
PD Dr. Daniel Pinto dos Santos: Die strukturierte Befundung versucht, den Befund, den wir sonst als freien Text formulieren, in eine standardisierte Form zu bringen - nicht unbedingt in Tabellen zu pressen, aber eine Art Check-Liste vorzugeben, anhand derer man sich bei der Befundung entlangarbeiten kann. So kann man die jeweiligen relevanten Informationen strukturiert erfassen und später einfacher auswerten und überhaupt sicherstellen, dass alle relevante Informationen zu einem bestimmten Befund enthalten sind. Das ist der Sinn der Check-Liste im Gegensatz zum freien Diktieren.

Wie engagiert sich die AGIT in diesem Bereich und was gibt es Neues?
Wir setzen uns in der AGIT seit Langem mit der strukturierten Befundung auseinander. Neben der Tatsache, dass wir das Thema überhaupt in die Köpfe der Radiologinnen und Radiologen bringen wollen, engagieren wir uns auch insofern, als dass wir diese Befundvorlagen gemeinsam mit den anderen AGs der Deutschen Röntgengesellschaft und den jeweiligen Fachgesellschaften möglicher Zuweisender erarbeiten. Kürzlich haben wir einige neue Templates veröffentlicht – zum einen für die Computertomographie zur Steinsuche und zum anderen für das konventionelle Röntgen vor Hüftendoprothetik. Diese stehen auf unserer AG-Website zur Verfügung.
 
Welche klinische Bedeutung haben die Befundvorlagen der DRG schon heute?
Leider ist die praktische Nutzung der Befundvorlagen der DRG noch nicht so weit verbreitet, hauptsächlich leider auch, weil entsprechend geeignete Softwarelösungen fehlen. Die klinische Bedeutung ergibt sich aber nichtsdestotrotz daraus, dass diese Befundvorlagen im Kern darauf abzielen, die Qualität der jeweiligen Befunde zu verbessern. Ein gutes Beispiel dafür ist das Pankreas-Karzinom. Es gibt Befundinhalte, die darüber entscheiden, ob eine Patientin oder ein Patient operabel ist oder nicht – diese sollten unbedingt im entsprechenden Befund enthalten sein. Den meisten Radiologinnen und Radiologen ist das sicher bewusst und trotzdem vergisst man es manchmal oder hat es nicht sofort präsent. Da kann eine Befundvorlage wie Check-Liste helfen und sicherstellen, dass alle wichtigen Informationen enthalten sind. Insofern haben unsere Befundvorlagen eine echte klinische Bedeutung und das wird auch von den anderen Fachgesellschaften anerkannt. Es hat mich deswegen beispielsweise ungemein gefreut, dass in der überarbeiteten S3-Leitlinie zum Pankreas-Karzinom auch die entsprechende Befundvorlage der DRG Eingang gefunden hat. Das ist ein sehr schönes Ergebnis der Bemühungen in der DRG insgesamt, das Thema strukturierte Befundung nach vorne zu bringen.

Wie lässt sich diese Bedeutung weiter steigern? Wie können die Software-Hersteller die Befundvorlagen integrieren?
Das ist der entscheidende Schritt, vor dem wir aktuell stehen und wo wir unbedingt weiterkommen müssen. Man kann die Befundvorlagen natürlich nur dann nutzen, wenn sie in die Arbeitsabläufe integriert werden, zum Beispiel im RIS. Wir Radiologinnen und Radiologen wünschen uns von den RIS-Herstellern, dass sie uns in diesem Bereich gute Tools an die Hand geben. Die Befundvorlagen selbst sind frei verfügbar, die Lizenz ist offen. Man muss für sie nichts bezahlen und kann sie kommerziell verwenden. Außerdem wurde kürzlich – auch Dank unserer Bemühungen mit der AG IT – das entsprechende IHE-Profil final veröffentlicht, nach langen Jahren in der Schwebe als „Trial Implementation“. Wir als AG IT und als DRG haben also schon viele Grundlagen gelegt, jetzt wollen wir gemeinsam mit den Herstellern die nächsten Schritte gehen.

Gibt es dazu einen konkreten Austausch mit den Herstellern?
Ja, wir hatten auf dem Präsenzteil des 103. Deutschen Röntgenkongresses in Wiesbaden ein sehr produktives und partnerschaftliches Treffen mit Vertretern vieler Software-Hersteller. Das Ziel dieses Roundtables war es, mit ihnen ins Gespräch zu kommen und im gemeinsamen Austausch zur erfahren, wo es auf ihrer Seite hakt, was wir als DRG noch machen können und was die Hersteller von uns brauchen. Zugleich wollten wir ihnen aber auch aus User-Perspektive deutlich machen, was wir uns von ihnen wünschen und wohin die Entwicklung der Software aus unserer Sicht gehen sollte. Für uns Radiologinnen und Radiologen kommt es ja vor allem darauf an, effizient und beispielsweise trotzdem mit der Spracherkennungs-Software weiterarbeiten zu können. Wir konnten bei dem Treffen gut vermitteln, dass sonst bei der Befundung allein die Bewegung der Maus vom Bild zur Befundvorlage und zurück so häufig geschehen muss und dies die Effizienz so sehr mindert, dass eine sinnvolle Nutzung kaum möglich ist.
Auf der anderen Seite haben wir aber auch von den Herstellern zurückgemeldet bekommen, dass aus ihrer Sicht ein anderes technisches Format einfacher in die jeweiligen Softwarelösungen integrierbar wäre. Das werden wir uns jetzt anschauen und dann vermutlich parallel beide Formate anbieten. Erfreulicherweise haben auch schon einige Hersteller direkt angeboten, bei der Übersetzung zwischen den Formaten zu helfen. Das zeigt wieder einmal, dass man oft schneller mehr bewegen kann, wenn man versucht, aufeinander zuzugehen und Dinge gemeinsam angeht. Ich bin zuversichtlich, dass das der Initiative einen guten Schub geben wird für die nächste Zeit.